VOX

„Den Frauen eine Stimme geben“, das hat wohl jeder schon einmal gehört.

In dem Roman von Christina Dalcher ist es jedoch genau entgegengesetzt: Frau wird die Stimme, werden die Worte genommen, reduziert auf 100 am Tag. Werden es mehr, ´folgt die Strafe auf den Fuß`.

Wie das einem kleinen Mädchen beibringen, das gerade sprechen gelernt, Freude an den eigenen Worten, der eigenen Stimme hat?
Der Schmerz wird es schon richten!

Offensichtlich sind die Worte, aber das System dringt tiefer, befielt der Frau dem Manne zu gehorchen, ihm treu zu dienen. Wen wundert es bei solch verlockenden männlichen Aussichten, dass
Gewalt, Entzweiung und Denunziantentum reichlich Blüte treiben?!

Jean liebt ihre Kinder sehr, auch ihren Sohn Steven, aber als sie von seiner Rolle im Spiel um Julia, der Nachbarstochter erfährt, wünscht sie ihm mehr als ´die Pest an den Hals`.

„Er muss diese Sendung sehen, fest geschnallt und mit gewaltsam geöffneten Augenlidern, festgeklebt wie bei diesem Dreckskerl in dem Stanley – Kubrick – Film.“
(Den Roman zum Film findet Ihr übrigens auch hier auf meiner Seite)

Wenn eine Mutter ihrem Sohn dieses wünscht, muss es schon sehr böse zu gehen in der Welt!

Der Grund für das weibliche Märtyrium ist diesmal der außereheliche Sex der, obwohl von beiden Geschlechtern genossen, nur für das Mädchen die härteste aller Strafen fordert.
Vergewaltigung hingegen wäre kein Delikt, da hier das Weibchen sich nichts zu Schulden hat kommen lassen!

Verkehrte Welt?

„Das Böse triumphiert allein dadurch, dass gute Menschen nichts unternehmen.“

Aber auch das, nicht wahr, kann jeder für sich in Anspruch nehmen.
„Christina Dalchers Debüt erschüttert, empört – und ermutigt.“

S. Fischer Verlag 2018
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel >Vox< bei Penguin Random House LLC, New York 2018 Übersetzerinnen: Susanne Aeckerle, Marion Balkenhol